Rede Der Jusos Münster Auf Der Kundgebung Gegen Die Corona-Leugner*Innen Vom 14.02.2021

Seit mehr als zwei Monaten stehen wir hier jeden Montag vor dem Rathaus, um zu zeigen: Diejenigen, die da hinten ihre Lügen und Verschwörungsfantasien verbreiten, sind nicht in der Mehrheit! Wir werden euren Menschenhass und euren Antisemitismus nicht unwidersprochen lassen, jede Woche wieder! Und langsam reicht es mir, ich habe nämlich durchaus besseres zu tun, als an Montagabenden in der Kälte zu stehen, weil sich irgendwelche Kartoffeln lieber in der YouTube-Universität einschreiben, anstatt mal ein Sachbuch aufzuschlagen und dort die Basics des Pandemiemanagements nachzulesen. 

Ihr redet davon, dass man euch die Freiheit klaut. Die Freiheit, die ihr meint, ist die Freiheit, keine Rücksicht nehmen zu müssen auf vulnerable Personen und die Freiheit, ohne Maske in den Rewe zu spazieren. Ihr verwechselt Freiheit mit Rücksichtslosigkeit, weil Solidarität für euch ein Fremdwort ist. Ihr versteckt euch hinter blumigen Hippie-Parolen von “Liebe und Zusammenhalt”, dabei seid ihr es, die Woche für Woche hetzen und spalten. Ihr vergleich euch mit den Opfern des Nationalsozialismus und verharmlost damit den Holocaust.

Ihr redet davon, dass ihre euch um eure Rechte geht, dabei interessieren euch nicht mal die Rechten, die mitten unter euch spazieren. “Wir sind ja keine Nazis, aber…” ist der Lieblingsspruch der deutschen Protofaschist*innen und das nicht erst seit PEGIDA. Mit dem Framing dieser Anti-Maßnahmen-Demos als Montagsdemonstrationen stellt ihr euch in die Traditionslinie der Demokratiebewegung in der ehemaligen DDR. Dass diese sobald die Mauer gefallen war auch von westdeutschen Neonazis vereinnahmt wurden, die darin Wiedergeburt eines deutschen Volkes sahen, das wollt ihr wahrscheinlich nicht sehen. Die völkisch-antisemitische Ideologie durchzieht diese Demonstrationen überall, auch hier in Münster, wo sich im Telegram-Kanal Musik von dem rechtsradikalen Rapper “Bloody32” für die Demos gewünscht wird. Dieser singt in seinen Songs vom Untergang des weißen Europas durch Migrant*innen und der fernsteuerung der Politik durch geheime Mächte. Solche Songwünsche bleiben im Telegram-Chat natürlich unkommentiert. Abgrenzung nach Rechts am Arsch!

Ihr redet davon, dass ihr euch Sorgen um die Kinder macht, aber ignoriert, dass Kinder und Jugendliche jeden Tag in Kitas und Schulen geschickt werden, wo die Inzidenzen über dem Durchschnitt liegen. Es gibt dort nach zwei Jahren Pandemie noch immer nicht genügend Luftfilter und keine verlässliche Teststrategie. Nicht nur für Schüler*innen mit Risikofaktoren wie Vorerkrankungen stellt das eine erhebliche Belastung dar, heißt ein positiver Test doch erstmal einen Ausschluss vom Unterricht und verpasster Lernstoff, weil wir es immer noch nicht geschafft haben, vernünftige Konzepte für hybrides Lernen zu etablieren. Viele Schüler*innen haben in den letzten Wochen ihrem Unmut Luft gemacht. Die Petition ”Wir werden laut” hat inzwischen über 100.000 Unterschriften gesammelt. Doch wird ihnen zugehört? Am letzten Donnerstag war eine Schüler*innen vertreterin aus NRW gemeinsam mit der Präsidentin der Kultusminister*innenkonferenz Karin Prien in der Talkshow von Markus Lanz zu Gast. Doch anstatt ihr zuzuhören, fuhren ihr Lanz und Prien abwechselnd mit Relativierungen und Derailments über den Mund. Kostenlose PCR-Tests für Schüler*innen? Warum nicht einfach die Testpflicht ganz abschaffen? Mentale Gesundheit der Schüler*innen ernst nehmen? Vielleicht sollten Schüler*innen einfach nicht so emotional sein. So viel Verachtung für junge Menschen im deutschen Fernsehen sieht man auch nicht alle Tage. Frau Prien legte dann am Wochenende über Twitter noch einen drauf: Dass Kinder sterben, sei zwar tragisch, aber ein Großteil sterbe ja nur mit COVID-19 und nicht an COVID-19. So viel Menschenfeindlichkeit ist auch bei CDU-Minister*innen nicht alltäglich. Frau Prien hat sich nach einem Shitstorm übrigens von Twitter zurückgezogen und sieht sich als Opfer einer Schmutzkampagne. Einsicht oder Kritikfähigkeit? Fehlanzeige! Wir stehen solidarisch mit den Schüler*innen und unterstützen ihre Forderungen:

  • Bildungspflicht statt Präsenzpflicht
  • Luftfilter für alle Klassenräume 
  • Kostenlose FFP2-Masken 
  • Kleinere Lerngruppen
  • Regelmäßige PCR-Pooltestungen
  • Aufstockung des pädagogischen und schulpsychologischen Personals
  • Entlastung der Abschlussjahrgänge

Gemeinsam mit der Grünen Jugend haben wir in der letzten Woche eine Erklärung veröffentlicht, dass wir unsere Werbeanzeigen in dem Kleinanzeigenblatt “na dann” beenden. Dort erscheinen seit geraumer Zeit Anzeigen der Corona-Leugner*innen neben unseren. Und auch der Chefkolumnist dieses Blattes relativiert Woche für Woche die Anti-Maßnahmen-Demos, während er unseren Gegenprotest, als “aggressiv” und staatshörig zu diskreditieren versucht. Dass darüber hinaus die VVN-BdA als “Gesinnungsschnüffler” verunglimpft werden, ist für uns nicht hinnehmbar. Wir wollen den Corona-Leugner*innen keine Legitimität und ihren Unterstützenden kein Geld geben. Deshalb ziehen wir unsere Anzeigen zurück. 

Zum Abschluss bleibt mir jetzt nur noch zu sagen:

Bleibt solidarisch, bleibt antifaschistisch und lasst euch boostern!